thomas redl
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Zum Ende des 20.Jhdts - Thomas Redl & Heinz Reisinger
Installationen in drei Etagen, Hackwerke Steyr, 1992
(Katalog, limitierte Katalogbox, 2 Multiple)


Gemeinsamer Ausgangspunkt der Arbeiten beider Künstler war die Aufmerksamkeit in der Wahrnehmung von Material. Die Entscheidung für Lehm, Eisen und Glas stellt das Resultat der Suche nach etwas Widerständigem dar, an dem sich die Idee manifestiert kann.
Die Entfaltung der Idee des gemeinsamen Arbeitsprozesses findet die Konsequenz ihrer exakten Visualisierung in Rhythmus und Dimensionalität der ausgestellten Exponate; trotzdem eine nicht-narrative Kunst, jeder Künstler erzählt seine Geschichte.
Die Mitteilung wie die Verständigung erfolgen über strukturelle Anordnungen der gewählten Inhalte – sozusagen als Denkbilder – und vermeiden akribisch die verständnisheischende Beredsamkeit des Illustrativen. Symbolisch allemal, stehen die unerzählten Geschichten von Redl und Reisinger für « Denkräume » (Aby Warburg) und Erlebnisintensitäten, die den Besucher zur Zeitbetrachtung einladen – ästhetisch und existenziell. Auf drei Etagen werden Objekte und Installationen bereitgestellt, die zur Verdichtung oder Beschleunigung des Zeiterlebens dienen, mentale Apparatur wie Medium entindividualisierter Erlebnisfiguren. Die Künstler bieten ihre Kunst als Rezeptionshülse für den Betrachter an und drängen ihm diese nicht als symbolischen Fetisch individueller Mythologie auf.

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Depot ebenerdig, Aufbausituation

Die abstrakte Schönheit der Installation folgt der Maxime eines präzisen Spiels von Nähe und Distanz, die der eine wie der andere Künstler mit seinem Publikum aufführt, um es gleichermaßen erkenntnis- wie genußfähig zu halten. Die Zeit-Räume sind gewissermaßen pleasure-boxes wie Leidenskabinette einer Stimmungsarchitektonik mit Selbsterkenntniswert. Das Ideal ästhetischer Schönheit dient nicht der Überhöhung der Alltagssituation, verleitet nicht zur erlösenden Flucht in die Harmonie von Stilisierungen, sondern sucht ihr profanes Heil künstlerischer Selbsttranszendenz in der Vertiefung des Alltäglichen, gerade dort, wo man sich darüber erheben möchte. Insofern verkörpern Redl und Reisinger als Künstler eine Art psycho-metaphysischen Realismus. Radikal allemal treten sie dem Betrachter als Desillusionisten gegenüber, bemüht um die Tortur einer unheiligen Läuterung von Lebensklumpen, die von jedermann so mitgeschleppt werden.

Die Objekte der Ausstellung sind so mit quantitativer Zeit geladen, ihre Aggressivität verdankt sich einer fast hermetischen Geschlossenheit, die die vergangene Zeit im Raum des Erinnerbaren gegen die Paralyse einer eben alles verstehenden Kommunikationsgesellschaft schützt. Zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts verlieren die Inhalte der etablierten Vernunft gerade dort ihre ehemals utopische Wirkungskraft, wo sie öffentlich behauptet werden.

Herbert Lachmayer